Vorstellung „Modern Vaesen“

Wie schon die Japan-Erweiterung ist DriveThru voll mit Erweiterungen für das Rollenspiel von Free League.

Mit Modern Vaesen wurde nun eine Variante für die mystisch-horroreske Gegenwart veröffentlicht und das – wie man aus dem Effekt Podcast heraushören konnte – mit deutschsprachigem Ideengeber. Aber das vorweggenommen: bislang gibt es das PDF nur auf englisch.

Was bietet das Buch?

Vaesen zu jagen, besser zu erforschen, sollte nur einen geringen Unterschied machen, ob man nun im 19. oder 21. Jahrhundert unterwegs ist, darum handelt es sich hauptsächlich um Anpassung an die modernere Welt. Das Buch macht nicht alles anders, sondern nimmt der Spielleitung die Arbeit ab, vieles anzupassen.
Dazu bietet da es erstmal 10 neue Archetypen, vom Fassadenkletterer*innen über Influencer*innen bis zum Feuerwehrmann/-frau. Diese sind allesamt passend fürs Setting und anpassbar. Dazu kommt jeder mit drei weiteren Talenten daher.

Die Punkte Erinnerungsstücke, Waffen und Ausrüstungen werden wenigen Seiten zusammengefasst. Genau das was man schnell braucht, wenn man in der Gegenwart spielen möchte. Und dass ein Smartphone halt in der Lage ist, viele Gegenstände zu ersetzen, wie Kompass, Karten, Taschenlampe und und und, ist einfach der Lauf der Dinge. Das sollte wohl jeder Charakter besitzen.

Burg „Gyllencreutz“ als Hauptquartier ist der Gruppe erhalten geblieben, wurde aber mit 11 weiteren Erweiterungen ausgestattet. Strenggenommen der Chance diese zu bekommen, denn wie schon im Grundbuch, muss das Erbe der Society erstmal wieder aus seinem Dornröschenschlaf geweckt werden.

Vaesen in Zeiten des bedingungslosen Technikglaubens

In der GM-Sektion haben sich die Autoren dem Thema angenommen, wie sich Vaesen angepasst haben. Dabei werden Themen behandelt, wie smarte Überwachung, Informationsbeschaffung und die Liminal Spaces. Gerade letzteres ist schwer zu übersetzen und beschreibt ganz grob Übergange. Dies können Übergänge des Bewusstseins, der Lebensphase oder auch des wortwörtlichen Übergangs sein, die besonders „anfällig“ für Erscheinungen sind.

Besonders gefällt mir dabei zum Beispiel die Liste der Fake-Informationen, die man so aus WWW-Schwarmwissen erhalten kann.

Was aus den altbekannten Vaesen geworden ist, wird zu mindestens in kurzen Worten abgerissen. So findet man das Brook Horse heutzutage als Motorrad an der Landstrasse oder die Riesen im kollektiven Unterbewusstsein als Kaijū.

Zehn neue Vaesen

Den bei weitem größten Teil des Buches nehmen die neuen Vaesen ein. Die Mehrzahl basiert auf modernen Mythen, Creepy Pasta oder literarischen Vorlage: Vom Erlkönig über bösartige Ketten-Mails bis zur Bloody Mary.

Alle Vaesen sind gut aufgebaut und spannend beschrieben. Was mir auf aufgefallen ist: Der klassische Konflikt von Industrialisierung und Magie, der im Grundregelwerk noch den Fokus bildet, ist etwas auf der Strecke geblieben, stattdessen haben die Mysterien eher den Flair von Akte-X: Die Vaesen sind eine Gefahr, die beseitigt oder beruhigt werden müssen, weniger dass man das Gefühl hat, an dieser Stelle müsste das Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Vielleicht auch zu unglaubwürdig, dass dies noch möglich wäre.

Das Artwork der Vaesen schwankt von unfreiwillig komisch (Gartengnome oder Eulenmann) über solide (Glitch) bis in ihrer Schlichtheit wirklich creepy (Das Ding im Gemäuer).
Nun mal Butter bei die Fische: Einfach keine Vergleich mit Johann Egerkrans ziehen – für ein Fanprojekt wirklich solides Artwork!

Leider liefert das Buch keine ausgearbeiteten Abenteuer, neben den vielen Aufhängern, die die Vaesen mitbringen. Angekündigt hat Tobias Kröger / Tom Murr aber bereits zwei davon. Man darf gespannt sein.

Fazit

10 $ für ein 50-Seiten-PDF? Jeder muss natürlich selber wissen, ob er das ausgeben möchte. Für meinen Teil tat es mir nicht weh, auch wenn ich vermutlich 5$ als sinnvoller empfunden hätte, da der Zehner schon ein recht hohe Hürde ist, um es einfach mal auszuprobieren.

Dem Buch merkt man an, dass es ordentlich lektoriert wurde und nur wenige Rechtschreib- und Layoutfehler haben es in die aktuelle Version geschafft. Sehr erfreulich!

Das PDF bietet trotzdem viele Inspirationen und Lesestoff für einen guten Abend. Kein Must-have, aber eine Empfehlung.

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